Banská Štiavnica

Banská Štiavnica (, bis 1927 slowakisch Baňská Štiavnica; deutsch Schemnitz, ungarisch Selmecbánya, häufig auch kurz Selmec, lateinisch Schemnicium, auch Schemnitzium o. ä.) ist die älteste Bergstadt der Slowakei. 1993 wurde die Stadt in das Weltkulturerbe-Verzeichnis der UNESCO aufgenommen. Zum 31. Dezember 2022 waren in der Stadt 9426 Einwohner zu verzeichnen.

 Der Stollen Glanzenberg Das Neue Schloss oberhalb der Stadt

Der Ort ist ein alter Siedlungsplatz mit ersten nachgewiesenen Funden aus der Steinzeit. Nach weiteren Kulturen siedelten sich die Kelten gegen Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. an und förderten Gold aus den Flüssen. Es handelte sich um eine saisonale Siedlung, die nur in für den Bergbau geeigneten Monaten bewohnt war. Im Stollen Glanzenberg wurde 1982 importierte römische Keramik entdeckt, was auf Handel mit den Römern hinweist. Für die Zeit vom Ende des 3. bis zum 11. Jahrhundert wurden jedoch bis heute keine Funde, die auf menschliche Anwesenheit hindeuten könnten, aufgefunden.[1]

Erst mit der Erschließung des Gebiets durch den frühen ungarischen Staat ist der Bergbau im ungarischen Erzgebirge wieder belegt, zum ersten Mal im Jahre 1075. 1156 wird die Stadt in einer Urkunde als terra banensium („Land der Bergleute“) erwähnt. Manchen Historikern zufolge ist diese Urkunde jedoch gefälscht. 1217 wird die Gegend als Bana erwähnt.[2] Seit dem späten 12. Jahrhundert haben sich deutsche Kolonisten, mehrheitlich aus Sachsen und dem Alpenraum, in mehreren Wellen angesiedelt. Schon im 13. Jahrhundert war die Stadt für ihren Gold- und Silberabbau bekannt und erhielt wahrscheinlich noch vor dem Mongoleneinfall 1241 im Jahr 1237 (sicherlich aber im Jahr 1255)[3] das Stadtrecht und war als eine Königliche Freie Bergstadt eingestuft.

1380 schloss sich die Stadt mit Neusohl und Kremnitz zu einem Bündnis zusammen, um Bergbauprobleme lösen zu können. Später wurde dieses Bündnis um die Städte Libethen, Dilln, Pukanz und Königsberg erweitert und wandelte sich so zu den Freien Bergstädten.

Im 15. Jahrhundert wurde die Stadt zum Schauplatz der Konflikte um den ungarischen Thron. Im Rahmen der Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern von Vladislav I. und Ladislaus Postumus (den die Bergstädte unterstützten) wurde die Stadt 1442 niedergebrannt und viele Einwohner verloren dabei ihr Leben. Die Vernichtung wurde nur ein Jahr später von einem Erdbeben vollendet. Der Wiederaufbau konnte erst während der Herrschaft von Matthias Corvinus, der die Stadt von verschiedenen Gebühren befreite, stattfinden. 1513 wurde das alte Stadtrecht wieder bestätigt.

Die schlechte wirtschaftliche Lage am Anfang des 16. Jahrhunderts, die vor allem mit den Kriegen gegen die Osmanen sowie mit Aufständen zu tun hatte, sowie Streitigkeiten der Stadt mit der Familie Dóczy ebenso wie große Schulden bei den Thurzos dienten als Auslöser für den Bergleute-Aufstand von 1525/26. Nachdem die vorrückende osmanische Armee 1541 die Hauptstadt Buda eingenommen hatte, musste sich die Stadt gegen mögliche türkische Angriffe befestigen. So entstand neben den äußeren und inneren Befestigungsring das sog. Alte Schloss, das ursprünglich eine Kirche war. 1564–1571 wurde das Neue Schloss errichtet und die Stadt hatte eine Garnison und einen Spionagedienst, der über türkische Bewegungen Bericht erstattete.[2] Zu dieser Zeit wurden die Bergstollen, die bisher von den privaten Unternehmen weitgehend kontrolliert wurden, an die habsburgische Regierung in Wien und deren Ärar übertragen.

In der Umgebung der Stadt wurde im Jahr 1627 erstmals der Einsatz von Schwarzpulver im Bergbau dokumentiert. Die schon schlechte Lage wurde im 17. Jahrhundert noch schlimmer, als die Kontrolle zwischen den aufständischen Armeen und dem kaiserlichen Hof wechselte. Daneben musste man auch mit weiteren türkischen Angriffen und Aufständen der Bergleute rechnen. 1703–1711 stand die Stadt unter der Kontrolle der Anhänger von Franz II. Rákóczi, 1710 brach dort eine verheerende Pest aus. Diese Ereignisse verursachten in der Stadt einen enormen Schuldenstand. Zusätzlich wurde die Situation durch die fallende Effizienz des Bergwerks noch verschärft.[2] Zwei Jahrzehnte zuvor war die höchste Jahresförderung erreicht worden – 29.000 kg Silber und 605 kg Gold im Jahre 1690.

Erst nach dem Frieden von Sathmar konnte die Stadt eine weitere Blütezeit erleben. Um eine Schließung des Bergwerks durch Wassereinbrüche zu verhindern und zugleich Wasserenergie für den nur schwach versorgten Ort zu gewinnen, errichtete man sechzig[4] Stauseen, die sog. tajchy, und installierte ein kompliziertes Pumpensystem.[5] 1722 wurden Teile des Bergwerks, die durch Wassereinbrüche unzugänglich geworden waren, mit einer Feuermaschine trockengelegt. Der Engländer Isaac Potter und Joseph Emanuel Fischer von Erlach errichteten damit die erste Feuermaschine auf dem Festland. Johann Georg Keyßler schrieb darüber 1751: „Sie that ihre gute Wirkung und leerete in acht Stunden so viel Wasser aus, als sich in vier und zwanzig Stunden zu sammeln pflegte. Man behauptet auch, dass sie mit gar wenigem Holze innerhalb vier und zwanzig Stunden vierzig tausend Eimer (jeder zu vierzig wienerischen Maaßen gerechnet) aus der Tiefe bringen konnte.“

1735 wurde eine Bergschule gegründet, die direkte Vorgängerin der zwischen 1763 und 1770 entstandenen Bergakademie Schemnitz (siehe unten). 1746 wurde in der Stadt zum ersten Mal eine Wasserleitung installiert. Insbesondere während der Herrschaft von Maria Theresia wuchs die Stadt so schnell, dass sie 1782 mit mehr als 20.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt des gesamten Königreichs Ungarn nach Pressburg und Debrezin war.

Im 19. Jahrhundert kam es zu einem Verfall des Bergbaus, worauf auch Bergleute aus der Stadt wegzogen. 1873 bis 1954 war die Stadt mit dem Nachbarort Banská Belá vereinigt (offizieller Name Banská Štiavnica a Banská Belá). Als einzige Bergstadt in der Gegend wurde die vereinigte Stadt 1876 zum Stadtkreis erklärt und unterlag somit nicht direkt dem Komitat Hont, sondern dem ungarischen Innenministerium.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Stadt Anfang 1919 von den tschechoslowakischen Truppen besetzt. Am 6. Juni 1919 wurde sie noch von der Ungarischen Räterepublik eingenommen, deren Armee musste sich aber am 10. Juni wieder zurückziehen. Damit fiel die Stadt endgültig an die Tschechoslowakei und später Slowakei.

Im Holocaust wurden mindestens 93 jüdische Bewohner ermordet, die vor dem Krieg in Banská Štiavnica gelebt hatten und größtenteils deportiert wurden.[6] In der Stadt selbst wurden mindestens 13 Juden ermordet, darunter vier verbliebene jüdische Bewohner.[7]

Im Zuge des Slowakischen Nationalaufstands kam es 1944 zu Ausschreitungen und Morden an der deutschen Bevölkerung. Am 27. September kam es am Bahnhof von Schemnitz/Banská Štiavnica (wie auch in anderen Städten der Gegend) zu Erschießungen von Deutschen mit 83 Opfern[8]. In den Folgejahren wurden die Deutschen vollständig aus der Stadt vertrieben. Dieses Thema wurde in der Zeit der kommunistischen Herrschaft tabuisiert, erst nach der Wende konnte in der Stadt ein Denkmal für die ermordeten Karpatendeutschen errichtet werden[9].

1993 wurde die Stadt in das UNESCO-Welterbe aufgenommen. 1994 wurde der letzte noch bestehende Bergbaubetrieb eingestellt.

2017 wurde Banská Štiavnica der Ehrentitel „Reformationsstadt Europas“ durch die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa verliehen.[10]

Ortsname

Der Ortsname ist aus den Namen der ursprünglichen slawischen Orten Bana und Štiavnica zusammengesetzt, die sich noch im 13. Jahrhundert zusammengeschlossen haben. Der Namensteil Banská ist ein Adjektiv zum slowakischen Wort baňa ‚Bergwerk‘, mit nicht ganz gesicherter Etymologie: nach älteren Quellen soll es vom lateinischen balnea abgeleitet worden sein, mit Betonung auf gewölbte Bauten in Thermen, mit Zusatzbedeutungen in slawischen Sprachen für gewölbte Gefäße sowie kreisförmige Gruben, die beim Erztagebau entstanden. Der slowakische Historiker Šimon Ondruš nennt die Wörter báň oder rúbanisko, also Stellen, wo man das gewonnene Erz zerbricht, als Quellen des slowakischen Wortes baňa. Das Štiavnica besteht aus der Wurzel Štiav|n, die sich auf ein säuerhaltiges Gewässer bzw. Sauerquelle bezieht, sowie den Ortsnamensuffix -ica. Dieses Wort ist in abgeänderter Form von den deutschen Siedlern als Schemnitz übernommen worden, weiter ist es Ursprung der ungarischen Bezeichnung Selmec im Ortsnamen Selmecbánya.[11]

Banská Štiavnica – Pravek. História. In: banskastiavnica.sk, abgerufen am 14. Juni 2023. ↑ a b c Banská Štiavnica – Stredovek. Història. In: banskastiavnica.sk, abgerufen am 17. Mai 2011. Minerály a horniny Slovenska: Banská Štiavnica – história. In: mineraly.sk, 29. Juli 2005, abgerufen am 17. Mai 2011. Banská Štiavnica – Svetové dedičstvo. In: banskastiavnica.sk, abgerufen am 17. Mai 2011. Banská Štiavnica – História baníctva od 17.storočia. (Memento vom 2. März 2022 im Internet Archive) In: banskastiavnica.sk, abgerufen am 17. Mai 2011 (mit historischen Zeichnungen der Pumpen. Text basierend auf dem Buch von M. Lichner u. a.: Banská Štiavnica – Svedectvo času [B. Š. – Zeugnis der Zeit]). In Banská Štiavnicas vor dem Krieg wohnhaft: 113 (abzgl. 12 Mehrfachnennungen und 8 Fehlzuordnungen [manuelle Auszählung]). In: Yad Vashem: Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer (Beta), abgerufen am 22. Oktober 2021. In Banská Štiavnicas ermordet: 13. In: Yad Vashem: Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer (Beta), abgerufen am 22. April 2017. Das Schicksalsjahr der Karpatendeutschen – Kulturstiftung. Abgerufen am 18. Mai 2022 (deutsch). Hilfsbund Karpatendeutscher Katholiken. In: karpatendeutsche.de. Abgerufen am 18. Mai 2022. Siehe das Stadtporträt Reformationsstadt Banská Štiavnica. Gold und Silber. In: reformation-cities.org/cities, abgerufen am 26. Juni 2018 (zur Reformationsgeschichte der Stadt). Martin Štefánik, Ján Lukačka et al.: Lexikon stredovekých miest na Slovensku. Historický ústav SAV, 2010, ISBN 978-80-89396-11-5, Banská Štiavnica, S. 54 (slowakisch, forumhistoriae.sk (Memento vom 2. März 2014 im Internet Archive) [PDF; 9,0 MB; abgerufen am 21. Oktober 2021]).
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